Ein Jahr entlang der Ufer

DOCKS Collective
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Editorial
Nach einem Jahr Dokumentation, zahlreicher Besuche und Gespräche in den zerstörten Orten des Ahrtals berichtet das DOCKS Collective, zu denen die Fotograf:innen Aliona Kardash, Maximilian Mann, Ingmar Björn Nolting, Arne Piepke und Fabian Ritter gehören, wie diese Arbeit begann und wie sie weiterging.

»15. Juli 2021: Am Tag nach der Katastrophe brach die Sonne durch die Wolken. Den Starkregen des Vortags hatten alle mitbekommen. Die Situation im Ahrtal, die vielen Todesopfer, all das konnte man zu diesem Zeitpunkt nicht erahnen

Wir fuhren mit dem Auto in Richtung des Ahrtals und erreichten in den Abendstunden das Dorf Dernau. In völliger Dunkelheit fuhren wir über die schmalen, matschigen Wege entlang der Weinberge. Das Mobilfunknetz war zusammengebrochen. Unter uns im Tal fuhr ein Rettungsboot durch das komplett Überflutete 1400-Einwohner-Dorf. Das Licht der Retter und die SOS-Signale aus einer Taschenlampe waren die einzigen Lichtquellen. Wir wurden Zeug:innen einer Katastrophe.

 

In dieser sehr unübersichtlichen Lage konnten wir als Kollektiv, mit fünf Fotograf:innen, an mehreren Orten gleichzeitig arbeiten. Wir recherchierten parallel, fotografierten, wählten Bilder aus, kommunizierten mit Redaktionen, reflektierten unseren Prozess. Am ersten Abend entschieden wir uns für eine kollektive Autor:innenschaft.

 

In der Flutnacht verloren über 180 Personen ihr Leben, für viele Menschen änderte diese Nacht alles. Einer breiten Bevölkerung in Deutschland wurde nach der Flut vielleicht zum ersten Mal deutlich: Der Klimawandel ist in Deutschland angekommen.

 

Fassungslos standen wir vor zerstörten Häusern, Kirchen und Ortskernen und bemerkten, wie unsere Fotografie an ihre Grenzen kam.
Immer wieder stellten wir uns die Frage: Dürfen wir das? Dürfen wir hier nur fotografieren, oder müssen wir auch helfen?
Es ist notwendig, eine solche Katastrophe aus einer beobachtenden Position heraus zu dokumentieren. Für die Menschen, die nie vor Ort waren. Und für die Menschen im Ahrtal. In akuter Not halfen wir, ansonsten entschieden wir uns dazu zu fotografieren.

Dass der Aufbau der zerstörten Gebiete mehrere Jahre in Anspruch nehmen würde, das wurde schnell klar. Wir beschlossen, die Region ein Jahr lang zu begleiten.

Die Ahr fließt heute wieder ruhig durch das Tal. Doch an den Ufern sollte nichts mehr sein, wie es war.«

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