8. März – Internationaler Frauentag

Interview mit Melina Mörsdorf
Fotograf:in
Interview mit Melina Mörsdorf
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Editorial
Seit 1911 wird der Internationale Frauentag begangen, seit 1921 jährlich am 8. März. Ging es anfangs fast ausschließlich um das Frauenwahlrecht und die Rechte von Arbeiterinnen, weitete sich die Thematik bald auf alle gesellschaftlichen, politischen und ökonomischen Bereiche aus, in denen Frauen benachteiligt sind – auf die gesamte Gesellschaft also. Gender Pay Gap und gläserne Decke, Unterrepräsentanz in Parlamenten und auf Wahllisten der Parteien, #Metoo und nicht enden wollendes Mansplaining auf allen Ebenen: Es gibt nach wie vor viel zu tun.

Zum Internationalen Frauentag am 8. März befragt laif-Redakteurin und Historikerin Nikola Müller, die seit seit vielen Jahren zu Feminismus und Frauenbewegungen forscht, die laif-Fotografin Melina Mörsdorf.

Nikola Müller: Dem großen Projekt der Chancengleichheit der Geschlechter einen einzigen Tag im Jahr zu widmen, finde ich zu wenig. Ein einziger Tag! Und 364 Tage im Jahr soll frau sich damit abfinden, dass es Männertage sind?

Melina, du beschäftigst dich schon lange mit der Frage, was das alles mit Fotografie zu tun hat. Was ist deine Botschaft?

Melina Mörsdorf: Eigentlich ganz einfach und gar nicht so schwer: Bucht halt gleichermaßen Frauen wie Männer. Traut euch generell mehr Diversität.

NM: Nur rund jede:r vierte laif-Fotograf:in ist weiblich, drei Viertel der laif-Community sind männlich. Ich habs nachgezählt, sogar zweimal, weil mich die Zahlen so erschrecken. Hast du eine Idee, warum das so ist? Bildet das die Verteilung der Geschlechter auf diesen Beruf ab?

MM: Ja, leider schon. Wenn man sich die Zahlen der Hochschulen und in den ausbildenden Betrieben anschaut, so sind die Verhältnisse noch paritätisch. Irgendwann auf dem Weg ins Berufsleben gehen dann aber die meisten Frauen verloren, und es findet sich nur ein geringer Prozentsatz im Fotografinnen-Alltag wieder. Das liegt wahrscheinlich an patriarchalen Strukturen in der Branche, von der im übrigen nicht nur Frauen betroffen sind, und auch an den Auswirkungen der patriarchal geprägten Gesellschaft.

NM: Fotografinnen und Fotografen nutzen dieselbe Technik, haben meistens die gleiche Ausbildung. Was meinst du, was könnte sie dennoch unterscheiden, gibt es so etwas wie einen „weiblichen Blick“?

MM: Ich bin mir nicht sicher, ob das wirklich so ist. Vielleicht ist es auch so, dass Frauen oft eher Jobs bekommen, bei denen eine klassisch weiblich gelesene Sicht gefragt ist, oder ein Thema behandelt wird, das man eher Frauen zuschreibt, Kinder oder Wellness zum Beispiel. Oder umgekehrt werden technischere Themen oft eher von Männern fotografiert, weil wir nun mal in einer Welt leben, wo kleine Mädchen Puppen zum Geburtstag bekommen, Jungs eine Eisenbahn, und Auftraggeber:innen denken, dass man als Frau nicht gut mit Lichttechnik umgehen kann, weil das ja alles so schwer ist, um es mal ganz schlicht auszudrücken.

NM: Du hast den Female Fotoclub mitgegründet. Erzähl uns davon bitte.

MM: Der Female Photoclub wurde 2017 initiiert und ist seit 2020 ein eingetragener Verein für professionell arbeitende Fotografinnen. Aktuell zählt der Club etwa 400 Mitglieder, die sich in neun Städten und Regionen in ganz Deutschland organisieren. Die Ziele des Vereins sind es, die Sichtbarkeit von Fotografinnen zu erhöhen, sich für mehr Gleichberechtigung in der Branche einzusetzen und auf Missstände wie Honorarungleichheit und mangelnde Repräsentanz aufmerksam zu machen. Intern bietet der Female Photoclub seinen Mitgliedern einen geschützten Raum für Austausch, gegenseitige Unterstützung und Förderung. Der Club tritt vor allem durch seine vielseitige Öffentlichkeitsarbeit und diverse lokale Ausstellungen und Aktionen in Erscheinung.

Ich bin eines der Gründungsmitglieder und auch eine der vier Vorständinnen und leite die Hamburger Regionalgruppe. Etwa alle sechs Wochen treffe ich mich mit meinen Kolleginnen in meinem Studio und wir besprechen alles, was uns gerade bewegt. Momentan bereiten wir unsere erste Ausstellung vor, und ich bin unglaublich stolz, Teil dieser Gemeinschaft zu sein.

NM: Herzlichen Dank für das Gespräch und einen schönen Frauentag! Ich freu mich schon auf deinen laif-Instagram-Takeover ab 20. März.

Melina Mörsdorf

»Bucht gleichermaßen Frauen wie Männer. Traut euch generell mehr Diversität.«

 

Aus der laif-Community greifen wir anlässlich des Internationalen Frauentags vier Projekte von vier laif-Fotografinnen heraus, mal ganz ohne Doppelpunkt.

Vier Projekte, vier starke Themen, die nichts an Relevanz verloren haben, sondern hochaktuell sind: Prostitution, Klimawandel, Care, Tierrechte – vier Highlights aus dem laif-Archiv.

 

Bettina Flitner besuchte Prostituierte und Freier. In zwei Projekten traf sie zum einen Prostituierte am längsten Straßenstrich Europas, der deutsch-tschechischen Grenze, zum anderen Freier in einem Kölner Bordell.

 

Reportage Prostituierte

 

Reportage Freier

 

 

 

Barbara Dombrowski widmet sich in ihrem Langzeitprojekt »Tropic Ice« dem Klimawandel und seinen Auswirkungen auf Menschen und ihre unmittelbare Umgebung auf allen Kontinenten.

 

Reportage Tropic Ice

 

 

 

 

Arbeiten am Limit: Patricia Kühfuss begleitete Pfleger:innen und Ärzt:innen auf einer Intensivstation für Corona-Patient:innen in Hannover.

 

Reportage Corona auf Intensivstation in Hannover

 

 

 

 

Britta Jaschinski kämpft seit Jahren gegen die Jagd auf Wildtiere und ihre Vermarktung. Sie arbeitet dafür mit der deutschen Zollbehörde zusammen.

 

Reportage Confiscated

 

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