Neu bei laif: Arne Piepke

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Wir freuen uns, Arne Piepke als neuen laif-Fotografen vorstellen zu können. Arne ist Dokumentar- und Porträtfotograf aus Dortmund und hat seinen BA in Fotografie an der Fachhochschule Dortmund gemacht. In seinen Foto-Essays erforscht er, wie Menschen ihre Identität entwickeln und dabei von ihren Gemeinschaften und ihrer Geschichte geprägt werden.

Arne ist zudem Gründungsmitglied des DOCKS Kollektivs und hat gemeinsam mit seinen vier Kolleg:innen ein einfühlsames Langzeitprojekt über die Flutkatastrophe im Ahrtal mit dem Titel »Ein Jahr entlang der Ufer« veröffentlicht.

Mehr über unseren neuen laif-Fotografen erfahrt ihr ab Montag, den 4. Dezember 2023 auch auf Instagram. Eine Woche lang wird er den laif-Account übernehmen und über seine Arbeit berichten.

 

laif auf Instagram

 

Im Vorfeld dazu hat Katja Kemnitz ein Interview mit ihm geführt:

 

Traditionen in deutschen Dörfern, Schützenvereine, Reenactment von Kriegen - viele deiner Serien beschäftigen sich direkt oder indirekt mit der Frage nach Identität. Hast du schon Antworten gefunden?

Mein Interesse an Traditionen hat sich über Jahre entwickelt. Ausgangspunkt war die Auseinandersetzung mit Schützenvereinen in meiner Heimatregion. Ich bemerkte, dass ich mich zunehmend dafür interessiere, wenn Menschen nicht in ihrem Alltag sind. Sondern sich aufgrund von Geschichte und Gemeinschaft in Rolle begeben und dadurch eine gewisse Identität findet, die abseits von ihrem Alltag stattfindet.

Ausgangspunkt waren dabei meist einfache Fragen, wie: Was ist der Ursprung dieser Traditionen? Wieso identifizieren sich Menschen durch Geschichte, Tradition und Gemeinschaft?

Auf manche Fragen bekommt man Antworten, doch häufig führen diese nur zu weiteren, tiefergehenden und schwer zu beantwortenden Fragen. Diese will ich gar nicht zwingend beantworten, sondern nutze sie als Leitfaden für meine Arbeit.  Diesen Prozess finde ich enorm spannend und führt dazu, dass sich auch meine Fotografie ändert.

 

Beginnen deine Arbeiten immer mit einer Frage?

Eine meiner Hauptmotivationen, ein Thema zu behandeln, geht immer von einfachen Fragen aus – von einer naiven Neugier. Mit meiner Fotografie möchte ich versuchen, die Thematiken zu verstehen, selbst dazuzulernen und im besten Fall diese Fragen an die Betrachter:innen weiterzugeben. Die einfachen Ausgangsfragen lassen sich oft im Gespräch mit Protagonist:innen beantworten. Andere Fragen entwickeln sich während des Prozesses und bleiben bis zum Ende.

Bei den Schützenvereinen waren die Ausgangsfragen: Wo liegt der Ursprung dieser Tradition? Woher kommen diese militärischen Rituale? Diese waren leicht zu beantworten. Später stellte ich mir die Frage: »Wie zeitgemäß kann eine jahrhundertealte Tradition überhaupt sein, und ab welchem Punkt hat eine Tradition ihre eigentliche Essenz verloren?«

 

In einer fortlaufenden Serie begibst du dich in deine eigene Familiengeschichte. Du erforschst die Erfahrung deines Großvaters im Ersten Weltkrieg. Verändert sich durch die persönliche Nähe deine Art zu fotografieren?

Ja, ich merke eindeutig, wie sich meine Fotografie im Prozess dieser Arbeit ändert. Mir wurde schnell klar, dass ich mit meiner gewohnten Bildsprache nicht das erzählen kann, was ich möchte. Das ist eine große Herausforderung für mich, weil ich merke, wie ich schnell in meine üblichen Muster verfalle. Ein Hauptaspekt dieser Arbeit ist das Nicht-Wissen, das Fehlen von Informationen und das Spekulieren über die Fragen „Was wäre wenn? Was hätte sein können?“ Ich merke, wie Dokumentarfotografie hier an Grenzen kommt. Um diese Lücken und die persönliche Emotionalität hinter der Thematik zu visualisieren, versuche ich andere Methoden. Trotzdem bleibt auch eine weiterhin klare dokumentarische Bildsprache bestehen. Ich hoffe, dass daraus am Ende eine gewisse Spannung entsteht, die auch für die Betrachter:innen nachvollziehbar ist.

 

Wann ist für dich eine Arbeit abgeschlossen?

Schwer zu sagen. Meistens gibt es einen Punkt, an dem ich nicht mehr diese anfängliche Faszination spüre und nicht mehr den starken Drang habe, mich auf den Weg zu machen, um weiter zu fotografieren.  Wenn ich mich etwas ausgelaugt mit der Thematik fühle. Dies passiert auch, wenn ich wirklich zufrieden mit meinem Edit bin und nicht das Gefühl habe, ich könnte der Arbeit noch etwas Essenzielles hinzufügen.
Vor allem bei den Reenactments habe ich irgendwann bemerkt, dass sich alles wiederholt. Die Abläufe wiederholten sich und meine Bilder auch. Dadurch wurde mir klar, ich bin so langsam am Ende mit dieser Arbeit.

 

Du bist Mitbegründer des DOCKS Collective. Was macht für dich die Arbeit im Kollektiv aus?

Ich bin unglaublich froh darum, diese Gruppe zu haben. DOCKS ist für mich in erster Linie ein Safe Space, in dem ich frei über meine Arbeit, über Zweifel und Herausforderungen sprechen kann. Wir können uns gegenseitig stärken, motivieren und auch zusammenarbeiten. Es kann aber auch eine Herausforderung sein. Es ist zeitintensiv und man muss immer wieder zusammen ausloten, wo man steht und welches Ziel man als nächstes gemeinsam verfolgen möchte.

Vor allem unsere Kollektivarbeit über die Flutkatastrophe hat mir klar gemacht, dass man die egozentrische Perspektive der Dokumentarfotografie hinterfragen sollte. Ich kann nur empfehlen, sich zusammenzutun, mit Menschen, denen man vertraut.

 

 

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