Mehr über Jeannette erfahrt ihr ab Mittwoch, den 10. Januar 2023 auch auf Instagram. Eine Woche lang wird Jeannette den laif-Account übernehmen und über angewandte und freie Projekte berichten.
Mehr über Jeannette erfahrt ihr ab Mittwoch, den 10. Januar 2023 auch auf Instagram. Eine Woche lang wird Jeannette den laif-Account übernehmen und über angewandte und freie Projekte berichten.
Im Vorfeld dazu hat Katja Kemnitz ein Interview mit Jeannette geführt:
Ich möchte gerne mit meiner Fotografie etwas dazu beitragen, dass diese Welt offener, bunter, diverser wird. Ich hoffe, dass dieses Statement Menschen anspricht, die auch dazu beitragen möchten. Auch im Fotojournalismus ist da noch Luft nach oben.
Ich hätte nicht gedacht, dass er so bald sterben würde. Er hat einen sehr fitten und wie immer klaren Eindruck auf mich gemacht. An diesem Vormittag in Offenburg war er alleine, seine Frau war nicht da. Er hat mir die Tür aufgemacht und seine ersten Worte waren, dass er es gar nicht mag, fotografiert zu werden und dass ich schnell machen soll. Er hätte auch kaum Zeit und müsste noch einiges erledigen.
Das fand ich interessant, Politiker haben ja selten Zeit und selbst dann nicht, wenn sie im Ruhestand sind. Ich habe ihn nach seinem Lieblingsplatz gefragt und von dort alle Perspektiven genutzt. Somit war die Begegnung sehr kurz. Dennoch bin ich sehr froh, dieses doch eher ungewöhnliche, private Portrait von Wolfgang Schäuble in seiner Wohnung gemacht zu haben. Natürlich war das für mich eine sehr besondere Begegnung und ich bin sehr froh, dass ich diese Chance hatte. [Anmerkung von laif: Ab Februar sind die Fotos frei und in der Bilddatenbank erhältlich.]
Auch bei Martin Walser war ich wohl die letzte Fotograf:in, die bei ihm zu Hause war. Auch das war eine sehr besondere Begegnung und doch ist es auch seltsam zugleich, dass man die letzte fotografierende Person war. Mich berührt es, auch wenn es nur wenige gemeinsame Minuten waren.
Das ist eigentlich egal. Natürlich ist es noch eine Spur interessanter zu sehen, wie bekannte Persönlichkeiten so sind und wie die Begegnung sein wird. Je bekannter die Menschen, desto weniger Zeit haben sie jedoch meistens. Es ist eine gewisse Challenge, in nur wenigen Minuten ein gutes Bild zu machen, ohne die Gegebenheiten zu kennen.
Es sind ja immer mindestens zwei Menschen, die einen Fototermin zu etwas Besonderem werden lassen. Ich mag es sehr, wenn meine Protagonist:innen mir und meiner Arbeit in Form von Zeit eine Wertschätzung entgegenbringen. Ich freue mich immer über einen Kaffee und ein kurzes Gespräch. Das Eintauchen in eine Geschichte ist das, was mich glücklich macht.
Ich habe mit »Beyond Binary« im April 2022 begonnen. Ich hatte das starke Bedürfnis, durch die Auseinandersetzung mit meiner eigenen Gender-Identität eine Arbeit zu machen. Meine freien Projekte haben immer auch mit mir selbst zu tun. Die Fotografie hilft mir, in Themen, die mich begeistern, einzutauchen.
Wir leben in einer Welt voller Binarität, klein-groß, dick-dünn, schwarz-weiss, Mann-Frau. Geschlecht ist jedoch ein unendliches Spektrum, auf dem »männlich« und »weiblich« bloß Punkte sind. Nicht-binäre Menschen können sich dazwischen, außerhalb oder vollkommen unabhängig von diesen Punkten verorten – oder auch gar nicht.
Seit Judith Butlers Buch »Gender Trouble« (1990) ist sehr viel passiert. Ich wollte auf die Suche gehen, wie heute junge Menschen ihre Geschlechtsidentität definieren. Bisher habe ich über 25 Menschen porträtiert. Zusätzlich bitte ich meine Protagonist:innen ihre Gedanken aufzuschreiben: Was bedeutet es nicht-binär zu sein? Was wünschen sie sich für die Zukunft auf einer gesellschaftlichen Ebene?
Es geht in »Beyond Binary« darum, sich zeigen zu dürfen und gesehen zu werden. Wir können keine bessere Gesellschaft sein, bis wir diese sehen. Es ist mir wichtig, mit dem Projekt aufzuklären, verschiedene Positionen zu zeigen und Ängste zu nehmen. Generell wünsche ich mir, dass wir uns mit mehr Liebe und Mitgefühl begegnen.
»Beyond Binary« ist als Buchprojekt geplant und soll in Ausstellungen gezeigt werden. Leider scheiterten bisher alle Versuche, Projekt- und Buchförderungen zu bekommen. Auch für Fotofestivals gab es bislang nur Absagen. Es ist mir wichtig, auch über dieses Scheitern zu reden, denn auch das ist ein Teil des kreativen Prozesses. Und es erzählt viel über unsere Gesellschaft und wo wir gerade so stehen. Generell wird viel zu oft nur von Erfolgen berichtet, aber kaum ein Mensch sieht die Arbeit und den (steinigen) Weg dahinter.
Die Arbeit ist noch nicht abgeschlossen. Gerne möchte ich auch ältere Menschen in ganz Deutschland fotografieren, dazu brauche ich jedoch eine Finanzierung. Ich bleibe auf jeden Fall dran. Im Mai/Juni wird »Beyond Binary« in Frankfurt ausgestellt, darüber freue ich mich sehr.
Ja, genau. Als ich in meiner praktischen Diplomarbeit 2005 die erste Ausgabe meines Magazins »Anattitude« herausgab, habe ich mich schon sehr stark mit dem Thema auseinandergesetzt und die Serie »Hip Hop doesn’t know any gender« fotografiert. Heute würde ich sagen, dass ich damals nicht-binäre Identitäten inszeniert habe, jedoch gab es dieses Wording nicht.
Das Magazin habe ich fast 10 Jahre – bis 2014 – herausgegeben. Es zeigt FLINTA in der Hip Hop Kultur in Deutschland, in Brüssel, Paris und London. Ich wollte damals der Behauptung entgegentreten, dass Hip Hop eine ausschließlich männliche Kultur sei, weil diese Annahme schlichtweg nicht der Wahrheit entspricht.
Als Trend kann man ja alles abstempeln, wenn man möchte. Ich finde es super wichtig, solche Arbeiten zu zeigen und es kann nicht genug Arbeiten geben. Gender-nonkonforme Menschen hat es schon immer gegeben, es braucht jedoch viel mehr Sichtbarkeit und ein »sich trauen dürfen« ohne Diskriminierung.
Genau, ich bin seit April 2023 bei laif. Durch laif vertreten zu werden, ist ein Wunsch aus meiner Studienzeit. Umso schöner, dass es jetzt Realität geworden ist.
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