Neu bei laif: Maurice Kohl

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Wir freuen uns, Maurice Kohl als neuen laif-Fotografen vorstellen zu können. Er bietet ein breites Spektrum in seiner Fotografie: Porträts von Prominenten ebenso wie journalistische Reportagen, Reisefotografie, Werbekampagnen oder Fotoworkshops für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene.

Maurice Kohl hat sowohl an der Akademie für Gestaltung/Ecosign Kommunikationsdesign mit dem Schwerpunkt auf nachhaltigem Design als auch an der Fachhochschule Dortmund Fotodesign studiert. Seit 2010 ist er selbständiger Fotojournalist und Porträtfotograf. Von Köln aus arbeitet er für Kund:innen wie stern, Die Zeit, Focus, Der Spiegel, 11 Freunde, aber auch Aktion Mensch, Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, Allianz Versicherung, Wirtschaftsförderung Köln, Bundesagentur für Arbeit uvm.

 

Maurice im laif Archiv

 

 

Werbetafel an einer Straße
Werbekampagne mit spielenden Kindern
Matthias Maurer sieht sich Miniatur-Astronauten an
 

Hallo Maurice, was war herausfordernder: Fotografieren im Trainingszentrum der ESA oder Unter Tage im Ruhrpott?

Beide Fotojobs waren super interessant, aber unter Tage im Ruhrpott war für mich schon viel intensiver. Meine Familie kommt aus Oberschlesien, meine Mutter heißt Barbara (wie die Schutzpatronin der Bergleute), mein Urgroßvater war Steiger von Beruf. Ich wurde in Essen geboren und habe in Dortmund studiert. Mit diesem Hintergrund war es für mich wie die Erfüllung eines Traumes, als ich die letzte noch aktive Zeche »Prosper Haniel« in Bottrop besuchen durfte, bevor die Kohleförderung im Ruhrgebiet Geschichte wurde.

Zusammen mit einem Journalisten vom Spiegel zog ich die Bergarbeiterkluft an: blau-weiß gestreiftes Hemd, Staubtuch, Helm mit Lampe und Feinripp-Unterwäsche. Herrlich. Ich durfte einen Kumpel begleiten, der von allen »Everybody« genannt wurde, weil er einfach »Everybodys Darling« war. Zusammen mit ihm und Dutzenden anderen Bergleuten fuhren wir im Fahrstuhl einige Hundert Meter tief unter die Erde. Unten angekommen wartete schon ein Zug auf uns, der in dem Stollen bis zur Stelle fährt, wo die Kohle abgebaut wird. Dort schüttete sich »Everybody« erstmal eine Portion Schnupftabak auf den Handrücken und zog ihn kräftig nacheinander ein. Rauchen ist hier unten wegen der explosiven Gase nicht erlaubt und der Schnupftabak soll die Schleimhäute vom Kohlenstaub reinigen.

Wegen der Explosionsgefahr durfte ich auch meine digitale Kamera unter Tage nicht verwenden. Mir wurde eine analoge Leica Kamera mit einem überdimensionalen Blitzgerät in die Hand gedrückt. Das runde, grüne Metallgehäuse des Blitzes erinnert an Jules Vernes »10 000 Meilen unter dem Meer«. Er war ungefähr so groß wie mein Hund und ich musste es mit einem Riemen über die Schulter tragen. Da ich überhaupt keine Anhang hatte, wie man die Blitzintensität einstellt, habe ich einfach auf gut Glück fotografiert. Leider waren die Bilder alle überbelichtet und nicht zu gebrauchen. Zum Glück hatte ich aber in der Umkleide, im Aufzug, am Anfang des Stollens und im Zug viele gute Bilder gemacht, so dass es am Ende nicht so schlimm war. Einige schöne Porträts habe ich einige Wochen später an »Everybody« geschickt. Er hat sich sehr darüber gefreut.

Zeche
Bergarbeiter
Bergarbeiter
Kleidung


Du hast auch schon eine inklusive KiTa fotografiert, triffst immer wieder auf Prominente für Portraits oder stehst in großen Fabrikhallen. Du musst dich für jeden Auftrag also neu vorbereiten. Denkst du manchmal über eine Spezialisierung nach?

Mein Fokus liegt auf Menschen – in ganz unterschiedlichen Kontexten – das ist es, was ich am besten kann und was mir am meisten Spaß macht. Es sind sowohl Modelle für Werbekampagnen, aber noch häufiger sind es Menschen, die es nicht gewohnt sind, vor der Kamera zu stehen.

Diese Abwechslung liebe ich an meinem Job! Es ist immer wieder spannend, sich neu auf ganz unterschiedliche Menschen und Situationen einzulassen. Bei den Werbejobs stehen Motiv, Modell, Location und Styling ja vorher fest. Da arbeite ich mit einem ganzen Team aus Visagist:innen, Producer:innen, Stylist:innen, Fotoassistent:innen und Artdirektor:innen zusammen am Fotoset. Dabei mag ich den Teamspirit und dass jede:r Teil des Ganzen ist.

Bei Reportagen und kleineren Porträt-Terminen weiß ich oft gar nicht, wie ein Termin laufen wird, wie der Ort aussieht, in welcher Stimmung die Menschen sind und welche Geschichten sie erzählen. Es ist immer wieder aufregend – und es ist allein meine Aufgabe, in kurzer Zeit ein tolles Porträt zu fotografieren. Volle Verantwortung, aber auch maximale Freiheit! Natürlich entsteht auch eine größere Nähe, wenn ich mit der Person allein bin.

Wichtig für mich ist es einfach, allen Menschen gleichermaßen mit Offenheit und Respekt zu begegnen – egal ob ich Harald Schmidt, Laura Wontorra, einen Bergarbeiter, eine Frau mit Down-Sydrom, einen Top-Manager oder ob ich die Kids in meinen Fotoworkshops vor der Kamera habe. Es geht für mich darum, authentisch und wertschätzend zu sein. Wenn ich es bin, sind es die Menschen, die ich vor der Kamera habe auch. Das ist zumindest meine Erfahrung.

Olivia Jones
Dieter Hallervorden
Laura Wontorra
Eckart von Hirschhausen
 

Um was geht es in den Fotoworkshops für Kids?

Seit 2020 gebe ich Fotoworkshops für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene zu spannenden Themen wie: »Lightpainting«, »Film Noir«, »Foto Morgana«, »Medusa Reloaded«, »Horror-Trash der 80er Jahre« oder »Alles wird sich gendern«. Die meisten Workshops finden im Rahmen von „Kulturrucksack NRW“ statt – ein kostenloses Angebot für Kinder und Jugendliche, das vom Land NRW gefördert wird.

In den Workshops geht es vor allem darum, die Kids durch kulturelle Bildung in ihrer Persönlichkeitsentwicklung weiterzubringen, in meinem Fall also durch die Fotografie. Die Jüngeren zwischen 10 und 15 Jahren experimentieren mehr, haben Lust am Verkleiden und daran, in andere Rollen zu schlüpfen. Die Älteren zwischen 16 und 26 arbeiten oft überlegter und konzeptioneller.

Meine Aufgabe ist es, jeden Teilnehmenden da abzuholen, wo er oder sie steht und dann weiter bei der Ideenumsetzung zu unterstützen. Besonders schön ist es, wenn am Ende eines Workshops so starke Bilder herauskommen, dass sie dann in der Ausstellung gezeigt werden. Im Jugendzentrum »FREEZE« in Witten-Heven im Ruhrgebiet oder im »Jugendbüro der Stadt Köln« am »Alter Markt« parallel zum CSD gab es schon zwei Fotoausstellungen zum Thema »Alles wird sich gendern«. In diesen Workshops hatten sich die Teilnehmenden mit Geschlechterrollen, Klischees, Selbstinszenierung und ihrer eigenen Identität spielerisch beschäftigt. Sich selbst dann auf 1×2 Meter großen Fotobannern in einer Ausstellung zu sehen, ist für die Teilnehmenden sehr beeindruckend. Freunde und Familie kommen zur Vernissage und die Teilnehmenden sind super stolz.

Gruppenportrait einer Kinderworkshopgruppe
 

Was lernst du für deine eigene Fotografie aus der Arbeit mit Kindern und jungen Erwachsenen?

Die Freude und den Mut am Experimentieren, einfach ohne Furcht Neues auszuprobieren, im Flow zu sein – das ist es, was mir immer wieder Energie und Inspiration für meine eigene Fotografie gibt. Das Spannende an der Arbeit mit Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen ist die Begeisterung und die Neugierde – etwas vielleicht zum ersten Mal zu tun, sich zu trauen, auch mal etwas Verrücktes zu machen auch auf die Gefahr hin, dass es am Ende nicht so toll aussieht. Aber man hat es ausprobiert. Darum geht es ja für die Kids – neue Erfahrungen zu machen.

Diese direkte Begeisterung kann manchmal etwas verloren gehen, wenn man den Beruf schon länger macht. Durch die kulturelle Jugendarbeit bleibe ich mit der Jugend verbunden. Manchmal zeigen mir die Kids auch ihre Lieblings-Influencer oder prompten mal eben ein Bild mit KI, das wir dann zum Beispiel als Hintergrundbild für ein Beamer-Fotoshooting benutzen.

 

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