Neu: Henning Kretschmer

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Wir freuen uns, Henning Kretschmer als neuen laif-Fotograf vorstellen zu können. Er lebt in Hamburg und arbeitet seit 2017 als freiberuflicher Fotograf.

Henning studierte an der HAW Hamburg Kommunikationsdesign und portraitiert Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft und Kultur für Redaktionen wie Die Zeit, Der Spiegel und Stern sowie Agenturen und Unternehmen.

 

Deine Porträts wirken oft sehr nahbar – was ist dein Geheimnis, damit sich Menschen vor der Kamera wohlfühlen?

Ich begegne den Menschen vor meiner Kamera auf Augenhöhe und bringe mich selbst aktiv ein. So kann es passieren, dass ich mit einem Politiker über unsere gemeinsame Liebe zu 80er-Jahre Actionfilmen plaudere, oder auch mal eine ganz persönliche Frage stelle, die mir bspw. beim Lesen von Interviews in den Sinn kommt, um Nähe aufzubauen. Manchmal reicht auch eine ganz banale Frage, wie »Was gab’s denn heute zum Mittag?« – etwas Alltägliches, das uns alle verbindet. Genau diese kleinen, unerwarteten Gespräche helfen, eine vertraute Atmosphäre zu schaffen.

 

Wie viel Planung steckt in deinen Bildern, und wie viel passiert spontan vor Ort?

Im Vorfeld wird geklärt, wie die jeweilige Person fotografiert und welche Stimmung transportiert werden soll. Dafür überlege ich mir ein visuelles Konzept und lese gleichzeitig Interviews oder Berichte, um ein besseres Gefühl für den jeweiligen Charakter zu bekommen. Vor Ort habe ich meistens genügend Zeit, alles vorzubereiten und einzurichten. Beim Shooting selber habe ich nur wenige Minuten mit den Protagonist:innen, da bleibt also nicht wirklich Zeit, um noch ein Licht oder eine Einstellung zu korrigieren. Es muss bereits im Vorfeld alles perfekt sitzen.

Recht häufig kommt es vor, dass die Gegebenheiten vor Ort nicht wirklich ins Konzept passen bzw. nicht umsetzbar sind. Für einen Auftrag musste ich zum Beispiel ein gesamtes Studio im Treppenhaus aufbauen, weil in der Wohnung kein Platz war. Es hilft also, schnell und flexibel reagieren zu können und immer eine Rolle Tape dabei zu haben.

 

Gab es schon mal ein Shooting, das völlig anders lief als geplant? Wie hast du darauf reagiert?

Eine Situation, die mir besonders in Erinnerung geblieben ist, war mein Termin mit Amanda Knox. Es war ein klassischer redaktioneller Auftrag – Interview mit anschließendem Fotoshooting. Im Vorfeld hatte ich mit der Bildredaktion besprochen, welche Bilder wir machen wollten. Wir gingen einfach davon aus, dass Amanda, als Medienprofi, gestylt zum Termin erscheinen würde. Doch es kam anders.

Sie kam mit ihrem Partner – die beiden waren gerade frisch Eltern geworden. Kein Make-up, die Haare ungemacht, ein viel zu großer Pulli mit Milchflecken und sie begrüßte mich mit den Worten: »I am not fabulous. I’m a mom!«

Im ersten Moment dachte ich nur: »Verdammt, das wird nichts.« Doch als sie mir die Hand reichte, drehte sich meine Perspektive sofort: »Nein, das ist perfekt so.« Das war echt. Keine Show. Und was soll ich sagen? Ich liebe diese Bilder noch heute.

 

Welches Porträt in deiner Laufbahn hat dich persönlich am meisten bewegt?

Die Geschichte, die mich persönlich am tiefsten bewegt hat, war die von Rabbi Gábor Lengyel. Als er drei Jahre alt war, wurde seine Mutter von den Nazis deportiert. Ein Jahr später, 1944, starb sie auf einem Transport ins Konzentrationslager Dachau – für ihn war sie für immer verloren. Erst 2021, im Alter von 80 Jahren, erfuhr er durch einen lokalen Historiker, dass seine Mutter damals begraben wurde und es tatsächlich ein Grab gibt.

Christian Pfeiffer hat ein einfühlsames Porträt über ihn geschrieben, zu dem ich die Aufnahmen von Rabbi Lengyel machen durfte.

 

Bei so einer bewegenden Geschichte, hast du schon mal das Gefühl, dass ein einzelnes Portrait nicht ausreicht? Wünschst du dir manchmal, mehr vom Umfeld oder den gesamten Kontext zeigen zu können?

Gerade bei redaktionellen Aufträgen finde ich es spannend, eine Geschichte nur mit einem Bild zu erzählen – sei es durch das Setting, in dem sich die Person befindet oder ganz reduziert nur durch ihren Ausdruck. Ich fotografiere am liebsten Portraits. Manchmal kann ein zweiter Ausdruck oder eine weitere Situation eine schöne Ergänzung sein, besonders bei komplexen Themen oder facettenreichen Persönlichkeiten. Doch meistens funktioniert es für mich mit nur einem Bild.

 

Welche Rolle spielt die Bildbearbeitung in deiner Fotografie?

Ich lege viel Wert darauf, dass Licht, Komposition und Stimmung schon beim Fotografieren stimmen. Die Bearbeitung dient dann nur dem Feinschliff und soll die eingefangene Stimmung nur unterstützen, ohne das Bild zu verfremden. Für mich soll das eigentliche Bild auch so in seiner Aussage funktionieren – nicht erst durch die Bearbeitung.

 

Was bedeutet es für dich, Teil der Agentur laif zu sein?

Teil von laif zu sein bedeutet für mich, Teil eines Netzwerks herausragender Fotograf:innen zu sein, die für Qualität und authentisches Storytelling stehen. Die Agentur bietet mir eine professionelle Plattform, um meine Bilder gezielt zu vermitteln, und fördert den Austausch mit den Kolleg:innen.

 

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