Wenn ich über die Erziehung meiner Tochter nachdenke, fällt mir auf, dass ich immer versucht habe, sie so neutral wie möglich zu betrachten und genderstereotype Erziehungsmethoden so wenig Raum wie möglich zu geben. Zwar bin ich mir bewusst, dass auch ich nicht frei von diesen Dingen bin, da ich ja selbst eine Frau bin und entsprechend geprägt und sozialisiert wurde. Aber ich versuche, zu reflektieren, so gut ich kann.
Ich habe Toni immer ermutigt, auch die Dinge zu tun, über die andere sagten, das sei nichts für ein Mädchen. Ab einem Alter von vier Jahren war es für sie selbstverständlich, in der Jungsabteilung die Kleidung auszusuchen, die sie schön fand. Vor allem Jeans, denn die hatten, im Gegensatz zu denen aus der Mädchenabteilung, richtige Taschen.
Jetzt kommt sie langsam in die Pubertät und ich bemerke eine Verlagerung der Einflüsse. Mama und Papa sind nicht mehr der Mittelpunkt ihrer Welt und die Meinungen und Ideen anderer bekommen mehr Gewicht. Das ist auch gut so, denn bedarf es nicht zumindest metaphorisch eines ganzen Dorfs, um ein Kind großzuziehen?
Ich bemerke nun eine Veränderung in meiner Erziehung, feministische Themen und Thesen bekommen mehr Raum, ich möchte sie wappnen für all die Dinge, von denen sie noch nicht ahnt, dass sie in der Welt tatsächlich passieren. Wir führen viele Gespräche und analysieren das Miteinander ihrer Freundinnen und die Dinge, die in einer 5. Klasse eben so passieren. Und dabei fällt mir auf, dass ich immer wieder zu einem Grundsatz zurückkehre, den meine Mutter mir immer wieder eingetrichtert hat. Er ist hängengeblieben und nun zu einem meiner wichtigsten Grundsätze geworden: Sei solidarisch mit anderen Frauen. Das Patriarchat fürchtet sich am meisten vor Frauen, die zusammenhalten, die sich nicht für Äußerlichkeiten kritisieren, die sich organisieren, vernetzen, austauschen und stärken.
Ich versuche Toni ein gutes Beispiel zu sein, zum Beispiel mit meiner Arbeit im Female Photoclub. Und ich hoffe sehr, dass sie diesen meinen Grundsatz eines Tages übernimmt und zu ihrem macht.