Melting Point

Jan Richard Heinicke
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Jan Richard Heinicke
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Editorial
Im Juni 2019 twitterte der dänische Klimaforscher Steffen Olsen ein Foto von seiner Expedition in Nordgrönland. Das Bild zeigte seine Schlittenhunde, die knöcheltief durch frisch geschmolzenes Wasser auf einem Eisschild liefen. Das Bild ging viral und diente als Beispiel für die Beschleunigung der Auswirkungen des Klimawandels in der Arktis, einer Region, die mehr als andere unter den steigenden globalen Temperaturen leidet. Ein Zusammenbruch des grönländischen Eisschilds könnte zu einem massiven Anstieg des globalen Meeresspiegels führen.

Wärmeres Meerwasser in der Region führt auch zum Auftauen und zur Erosion von Küstengletschern, die von unten her schmelzen. Im Juli 2019 verließ eine Gruppe von Ozeanographen den Hafen von St. John’s in Kanada, um zu untersuchen, wie viel Meerwasser die Fjorde in Grönland verlässt und in den Ostgrönlandstrom (EGC) gelangt. Der Ostgrönlandstrom ist Teil der globalen thermohalinen Zirkulation; eine Veränderung seiner Beschaffenheit könnte schwerwiegende Auswirkungen auf die globale Wasserzirkulation einschließlich des Golfstroms haben, der Europa ein gemäßigtes Klima beschert.

Ziel der Forschung war es, den EGC entlang der gesamten Küste Ostgrönlands zu verfolgen, um festzustellen, wie viel Eis in der Arktis tatsächlich schmilzt, und um eine Vorhersage darüber zu treffen, wie sich dies in Zukunft auf den globalen Meeresspiegel auswirken wird. Die Wissenschaftler haben an 170 Stationen entlang der Strecke Hunderte von Wasserproben genommen, deren Analyse Monate dauern wird.

Die Besatzungsmitglieder, zumeist Studenten, haben ihre Karriere als Ozeanographen nicht gewählt, weil sie damit viel Geld oder Anerkennung verdienen können. Sie haben sich für die Sache entschieden und wollen der Öffentlichkeit wissenschaftliche Erkenntnisse über die bevorstehende Klimakrise nahe bringen.

Die Reportage zeigt das Leben an Bord des Forschungsschiffes, wobei der Schwerpunkt auf der Isolation liegt, wenn man wochenlang auf See und weit weg von zu Hause ist.

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Reportagen von Jan Richard Heinicke
Jan Richard Heinicke

»Durch eine großen Zufall hatte ich im Sommer 2019 die einmalige Möglichkeit, mit einem schreibenden Kollegen mehrere Wochen auf einem Polarforschungsschiff zu verbringen. Dabei folgten wir der Arbeit der Forscher:innen auf der Fahrt entlang des Ost-Grönland-Stroms von Kanada nach Spitzbergen. Ziel der Expedition war es, Wasserproben entlang des Stroms zu nehmen, um Rückschlüsse auf die Menge des aus den Grönländischen Fjorden austretenden Schmelzwassers zu erhalten. Während der Wochen an Bord konnten wir unglaublich viel lernen, nicht nur über das System Erde und die natürlichen Zusammenhänge, sondern auch über uns selbst. Mehrere Wochen nur umgeben von Wasser und Eis zu sein, war definitiv eine prägende Erfahrung.«

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