Neu bei laif: Florian Voggeneder

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Wir freuen uns, Florian Voggenender als neuen laif-Fotografen vorstellen zu können. Er ist Editorial-, Corporate und Dokumentarfotograf aus Linz, Oberösterreich. Seid acht Jahren begleitet er zudem weltweit die AMADEE-Mars-Missionen.

Mehr über unseren neuen laif-Fotografen erfahrt ihr ab Samstag, den 30. März 2024 auch auf Instagram. Eine Woche lang wird er den laif-Account übernehmen und über seine Arbeit berichten.

 

laif auf Instagram

 

Kurz vor seiner Reise zur nächsten AMADEE-Mars-Mission hat Katja Kemnitz ein Interview mit ihm geführt:

Frau in einem Raumanzug
Zwei Astronauten in einer steinigen Landschaft
 

Du stehst kurz vor deiner Reise nach Armenien, um die Mars-Simulation AMADEE-24 zu begleiten. Was hat es damit auf sich?

Diese Missionen arbeiten an dem riesigen Unterfangen, die Menschheit auf die Mars-Raumfahrt vorzubereiten. Dafür erproben sechs sogenannte »Analog-Astronauten« in Raumanzug-Simulatoren dieselben Abläufe und Experimente, die später am Nachbarplaneten durchgeführt werden sollen.

Das Ganze benötigt eine sehr lange Vorbereitungszeit. Ich habe selbst vor etwa acht Jahren das erste Mal von den Missionen erfahren. Damals fand sie am Kaunertaler Gletscher in Österreich statt. Im Rahmen eines Pressetages vor Ort habe ich gemerkt, wie sehr mich das Thema interessiert und angeboten, die nächste Expedition als Fotograf zu begleiten. Dafür musste ich jedoch Teil des Teams werden und dieselbe Ausbildung wie alle anderen Beteiligten absolvieren.

 

Warum musstest du diese Ausbildung abschließen?

Bei den Missionen 2018 im Oman und 2021 in Israel wurde ich Teil der Simulation selbst. Es ging darum, dass wirklich alle Beteiligten auch an den Experimenten teilnehmen. Bei solchen Expeditionen besteht zudem ein erhöhtes Unfallrisiko, weswegen wir in Erster Hilfe und Brandbekämpfung mit verschiedenen Löschmitteln unterrichtet wurden. Ich habe zudem beim Anlegen der Raumanzug-Simulatoren assistiert und die Analog-Astronauten als »Safety« begleitet. Dadurch hatte ich vor Ort eine Hybrid-Rolle als Fotograf und Crewmitglied.

Die Erfahrungen haben auch sicher meine Arbeitsweise als Fotograf beeinflusst. Ich verbringe viel Zeit mit Planung und Vorbereitung von Shootings, kann Risiken erkennen und einschätzen und schnell reagieren, wenn unerwartete Ereignisse eintreten.

 



Was wahrscheinlich als Fotograf gar nicht schlecht ist, oder? Wenn du etwas dokumentieren möchtest, musst du es auch verstehen.

Ganz genau. Das ist ein Motiv, das ich allgemein in meiner Arbeit verfolge und weshalb ich diese Profession so schätze. Fotografie ist für mich ein Hilfsmittel, um zu verstehen; eine Möglichkeit, mir Themen zu erarbeiten.

Wichtig war während der Ausbildung auch zu lernen, wie die Arbeitssprache funktioniert, eine sehr funktionale englische Funksprache, mit der auch die NASA mit ihren Astronaut:innen kommuniziert. Da es eine wissenschaftliche Simulation ist, kann ich nicht einfach sagen: »Hey, Astronaut. Lauf doch bitte mal diesen Hügel hoch, damit ich tolle Bilder machen kann.«

Es gibt genaue Prozeduren, die eingehalten werden müssen. Bei jedem Außeneinsatz wird eine Risikoanalyse durchgeführt, es wird überprüft, welches Terrain sich auf dem Weg befindet, welche Tageszeit, welche Gefahren etc. Um in diesem streng wissenschaftlichen Kontext dokumentarisch arbeiten zu können, braucht es ein tiefes Verständnis und Geduld dafür, wie die Expeditionen und diese Experimente ablaufen.

 

Kann man so etwas wie diese Funksprache fotografisch festhalten? Wie zeigst du in Bildern solche hochkomplexen und nicht greifbaren Dinge?

Es ist wirklich nicht einfach. Ich finde das Warten hier sehr beispielhaft. Alle Nachrichten zwischen Erde und »Mars« werden zehn Minuten zeitverzögert, um die Entfernung zwischen den Planeten zu simulieren.

Wenn ein Funkgerät angeht, verharren alle Beteiligten für einen Augenblick und hören konzentriert zu, an wen sich die Anweisungen richten. Dieses kurze Innehalten habe ich immer sehr spannend gefunden. Es gibt einige Portraits von mir, auf denen jemand ein Headset trägt oder ein Funkgerät ans Ohr hält. Das ist für mich ein gefundenes Motiv – nicht nur, weil ich in diesen Momenten genügend Zeit habe, den Bildausschnitt zu wählen, sondern auch, weil es dieses Innehalten zeigt.

Komplexe technische Dinge abzubilden, ist aber auch aus einem anderen Grund sehr schwer: In diesen Raumanzug-Simulatoren stecken natürlich immer Menschen, deren Würde ich nicht verletzen möchte. Über diese Anzüge werden zahlreiche biometrische Daten verarbeitet – Herzschläge, EKGs usw. Wie in einer Notaufnahme muss ich vorsichtig sein, wenn diese Daten auf Bildschirmen gezeigt werden: Für Laien sind es nur Zahlen und Kurven, aber eigentlich bilden sie etwas Höchstpersönliches ab. Da muss ich sehr genau reflektieren, was ich zeige und was besser nicht.

Astronaut läuft in einer kargen Landschaft
 

Kannst du mit den Astronaut:innen über solche Dinge sprechen? Hast du Kontakt mit ihnen?

Als ich begonnen habe, an dem Projekt zu arbeiten, lebten die Astronaut:innen und die Begleitgruppe gemeinsam in einem großen Camp. Nur für die Zeit der tatsächlichen Simulation waren die Astronaut:innen dann auf sich allein gestellt. Damals konnten wir uns einfacher austauschen.

Inzwischen verbringen die sechs Astronaut:innen etwa drei Wochen isoliert in einem Habitat. In dieser Zeit sollen sie möglichst nichts von der Außenwelt mitbekommen und auch mich als Fotografen nicht wahrnehmen, was mich vor eine große Herausforderung stellt. Wenn sie an den Experimenten arbeiten, darf ich ihnen nicht ins Blickfeld laufen. Das beeinflusst natürlich auch die Bildgestaltung. Da ich kein Fan von langen Brennweiten bin, bette ich die Analog-Astronauten in Landschaftsbilder ein.

 

Nach 2015 in Österreich, 2018 in Oman und 2020 in Israel ist es bereits deine vierte Mars-Mission AMADEE. Ist es für dich noch spannend? Gibt es nach wie vor Motive, die dich reizen?

Mich fasziniert nach wie vor das Zusammenspiel von Landschaft und Technologie. Das ist ein Thema, das ich sehr gern verfolge und deshalb ist jeder Einsatz und jede Expedition aufs Neue spannend.

Natürlich kenne ich jetzt schon viel. Ich merke das vor allem, wenn neue Fotograf:innen vor Ort sind. Diese sind oft von jedem Detail fasziniert und versuchen alles abzubilden. Ich habe viele Dinge bereits fotografiert und kann mich eher auf die Bilder konzentrieren, die mir für mein Langzeitprojekt noch fehlen.

Der Einsatzort im Kaukasus ist aktuell auch geopolitisch sehr spannend. Zudem blickt Armenien auf eine lange Tradition in der Grundlagenforschung zurück. Ich habe deshalb vor, nach der Expedition noch etwas im Land zu bleiben und vor Ort zu fotografieren, um einen Bogen zwischen dem Sehnsuchtsort Mars und der Gegenwart zu spannen.

 

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