laif: Gibt es Unterschiede zwischen dem männlichen und dem weiblichen Blick?
Melina: Ich bin mir noch nicht sicher, ob das wirklich so ist. Vielleicht ist es auch so, dass Frauen oft eher Jobs bekommen, bei denen eine klassisch weiblich gelesene Sicht gefragt ist, oder ein Thema behandelt wird, das man eher Frauen zuschreibt, Kinder zum Beispiel. Oder umgekehrt werden technischere Themen oft eher von Männern fotografiert, weil wir nunmal in einer Welt leben, wo kleine Mädchen Puppen zum Geburtstag bekommen, Jungs eine Eisenbahn, und Auftraggeber:innen denken, dass man als Frau nicht gut mit Lichttechnik umgehen kann, weil das ja alles so schwer ist, um es mal ganz schlicht auszudrücken.
laif: Wovon können Auftraggeber:innen profitieren, wenn sie Fotografinnen beauftragen?
Melina: Von ihrem guten Gewissen, etwas zur Gleichstellung beigetragen zu haben. Entscheidend sollte ja die Frage sein: Passt die Bildsprache zum Auftrag? Und sich hier vielleicht mal ein paar ungewöhnlichere und diversere Sichtweisen ins Boot zu holen, als immer wieder auf das Gewohnte zu setzen, kann nicht verkehrt sein.
laif: Was wünschst du dir von der Branche, um Fotografinnen zu stärken?
Melina: Eigene Privilegien checken, Vorurteile abbauen, Sichtbarkeit ermöglichen, Netzwerke unterstützen. Alles auch sehr schön aufbereitet und zusammengefasst im Equality Guide des female photoclub.
laif: Wie verbringst du den 8. März?
Melina: Normalerweise würde ich wahrscheinlich einfach arbeiten und meine Ideen einer gleichgestellten Gesellschaft weiter vorantreiben, vielleicht würde ich ein Meet-up mit meiner Hamburger Gruppe des Female Photoclubs abhalten, aber dieses Jahr werde ich den 8. März in Quarantäne verbringen und versuchen, mich nicht von der Welt verrückt machen zu lassen, und an die Frauen denken, die gerade so viel Schlimmeres durchmachen als ich.