Neu bei laif: Sitara Thalia Ambrosio

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Wir freuen uns, Sitara Thalia Ambrosio als neue laif-Fotografin vorstellen zu können. Sitara arbeitet international als Fotojournalistin. Ihre journalistischen Schwerpunkte liegen in den Bereichen Geschlechterfragen, Migration und Menschenrechtsverletzungen, wobei sie häufig unterrepräsentierte Themen in Konflikten aufgreift.

Mehrere ihrer Arbeiten wurden ausgestellt und ausgezeichnet. Unter anderem erhielten sie und ein Team 2022 den Grimme Online Award für die Multimedia-Reportage »Kandvala«. Im Jahr 2023 gewann Ambrosios fotografischer Langzeit Essay »Fragile as Glass« den Residenz Preis des Portraits – Hellerau Photography Award.

Mehr über Sitara erfahrt ihr ab 22. Januar auch auf Instagram. Bis 26. Januar wird sie den laif-Account übernehmen und über ihre Arbeit berichten.

laif auf Instagram

laif hat ein Interview mit ihr geführt:

 

Hast du ein Thema, das dich aktuell besonders beschäftigt?

Ich beschäftige mich gerade nach wie vor viel mit dem andauernden Angriffskrieg in der Ukraine. Zusammen mit meiner ukrainischen Kollegin Yana Radchenko habe ich das letzte halbe Jahr an einer großen Recherche über Kriegsverbrechen an queeren Menschen, durch die russischen Truppen, gearbeitet. Das Projekt wurde vom Journalisten-Netzwerk N-Ost unterstützt. Eine Reportage dazu wird bald bei Fluter.de und später ein weiterer Bericht zum gleichen Thema im Amnesty Journal erscheinen.

Außerdem komme ich gerade aus Georgien, wo ich im Dezember noch die anhaltenden Proteste fotografiert habe. Jetzt bin ich wieder auf dem Sprung in die Ukraine, um dort mit einem Kollegen zusammen an einer Umweltgeschichte zu arbeiten – ich habe seit Ende letzten Jahres auch eine feste Wohnung in Kyjiw und versuche die nächsten Monate viel Zeit dort zu verbringen. Auch die neuesten Entwicklungen in Syrien habe ich im Blick und bin mit Kolleg:innen in Kontakt, mit denen ich dort schon gearbeitet habe.

Ansonsten stelle ich mir in den letzten Wochen und Monaten oft die Frage, wie es mit humanistischen Werten in unserer Gesellschaft und in Europa weitergeht. Als Fotojournalistin mit einem Fokus auf Menschenrechte bedrückt mich die aktuelle gesellschaftliche Lage und die Debatten sehr.

 

Wie beeinflussen die gesellschaftlichen und politischen Veränderungen in Europa deine Arbeit und Perspektive als Fotojournalistin?

Ich glaube, dass guter Journalismus in diesen Zeiten notwendiger denn je ist. Wir brauchen unabhängige und an einem Wertekompass orientierten Journalismus. Angesichts der starken russischen Propaganda, die in weiten Teilen Europas und auch in Deutschland ihre Wirkung zeigt. Aber auch in Zeiten des Rechtsruck, wo Minderheiten und von Diskriminierung Betroffene wieder als Sündenbock herhalten, ist es wichtig zu zeigen was ist. Deshalb bedeutet meine Arbeit für mich vor allem, mit jenen Menschen zu sprechen, ihre Geschichten zugänglich zu machen, und nicht aufzuhören, Salz in die Wunde zu streuen, wenn es darum geht, Missstände aufzuzeigen.

 

Wie schaffst du es, trotz der oft belastenden Themen, die Hoffnung nicht zu verlieren und dich weiterhin zu engagieren?

Manchmal fällt es mir schwer. Ich glaube, so geht es gerade vielen Menschen. Aber ich habe auch gesehen, dass wir Menschen in der Lage sind, wirklich Gutes zu leisten. Ich berichte aus Kriegen, beschäftige mich mit Schmerz, Angst, Trauer und Verlusten. Aber ich sehe auch Mut, Kraft und Menschlichkeit. Ich habe Menschen auf meinen Reisen getroffen, die um anderen zu helfen, über ihre eigenen Grenzen gehen. Die sich gegenseitig in dunklen Zeiten stützen. Die für Demokratie und Menschenrechte einstehen. Teilweise tun sie das unter schweren Bedingungen – und geben trotzdem nicht auf. Das sind sie, die Begegnungen, die mir Mut machen. Dann denke ich oft: Wenn sie die Hoffnung nicht verlieren, dann kann ich auch nicht aufgeben zu hoffen.

 

Welche Rolle spielen soziale Medien und digitale Plattformen in deiner Arbeit als Fotojournalistin? Siehst du sie eher als Chance oder als Herausforderung?

Das ist ein sehr komplexes Thema. Ich war eine Zeitlang sehr glücklich über Social Media Plattformen wie z.B. Instagram, weil ich das Gefühl hatte, dass man ohne größere Hindernisse wie z.B. Bezahlschranken vielen Menschen Zugang zu Themen ermöglicht. Das sehe ich auch in Teilen immer noch so. Allerdings empfinde ich mittlerweile die Probleme, die diese Plattformen mit sich bringen, als viel überwiegender.

Fake News verbreiten sich beispielsweise rasend schnell. Komplexe Themen werden manchmal sehr verkürzt wiedergegeben und aus dem Kontext gerissen. Eine Debatten- und Fehlerkultur ist nur bedingt möglich. Das sind alles Probleme, die unser Miteinander und die Sicht auf die Welt beeinflussen können. Und dabei dürfen wir auch nicht vergessen, wer diese Plattformen betreibt. Im Falle von der Platform “X” sehen wir ja, was das bewirkt, wenn Tech-Milliardäre wie Elon Musk die Kontrolle haben.

 

Wie findest du die Balance zwischen der Ästhetik deiner Bilder und der Härte der Realität?

Zu Fotografieren bedeutet immer sich hinterfragen zu müssen. Wenn man zu Themen arbeitet, die mit einer bestimmten Sensibilität behandelt werden müssen, dann sollte man sich im Klaren sein, dass Fotografie auch eine gewisse Macht hat. Die Würde der Personen, die z.B. Kriegsverbrechen, Gewalt und Vertreibung erlebt haben, sollte an erster Stelle stehen.

Ich arbeite deshalb gerne auch mit Portraitfotografien, weil man sich dann die Zeit nehmen kann, auf die Menschen einzugehen. Eine Möglichkeit ist auch, Menschen anonymisiert zu fotografieren, um sie zu schützen. Zusammengefasst: Es geht zuerst um die Personen, die sich mir anvertrauen, dann um die Fotografie. Natürlich bestehen Reportagen nicht nur aus Portraits, sondern man begleitet Situationen, begibt sich hinein. Aber auch beim Dokumentieren von z.B. Raketeneinschlägen, wo es Verletzte oder Tote gibt, kann man sich danach fragen: Welche Fotos müssen davon wirklich veröffentlicht werden und in welchem Kontext setze ich sie? Alles Fragen, die eine gewisse Sorgfalt und Sensibilität benötigen. Es ist notwendig, dass wir die harte Realität dokumentieren.

 

Warum hast du dich für laif als Agentur entschieden?

Das ist eine Mischung aus vielen guten Gründen. Ich schätze viele der Kolleg:innen sehr, die Teil der Agentur sind, die Mitarbeitenden und auch das Netzwerk. Ein weiterer Grund ist, dass es laif wichtig ist, Fotografie mit Haltung zu vertreten. Ich habe schon bevor ich Teil der Agentur wurde viele der Fotograf:innen und deren Projekte verfolgt. laif besteht mittlerweile seit über 40 Jahren. Das sind 40 Jahre Zeitgeschichte, die dokumentiert wurde. Davor habe ich großen Respekt und auch Bewunderung. Ich freue mich sehr, als junge Fotojournalistin nun Teil davon sein zu können.

 

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