1973 – Wilder Streik bei Ford

Gernot Huber
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Gernot Huber
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Editorial
Der sechstägige Streik durch überwiegend türkische Arbeitnehmer im Kölner Werk des Autoherstellers Ford vom 24. bis 30. August 1973 gilt als der Höhepunkt und Abschluss einer Welle von wilden Streiks im Sommer 1973. laif-Fotograf Gernot Huber war mit der Kamera vor Ort.

In den 70er-Jahren erlebten viele türkeistämmige Arbeiter massive Benachteiligungen durch ihre Arbeitgeber. Sie verdienten weniger und wurden schlechter behandelt als ihre deutschen Kollegen. Die angestaute Wut über diese Diskriminierungen führte schließlich zu den Streiks der Ford-Arbeiter im Werk in Köln-Niehl.

In ganz Deutschland hatte es zuvor schon wilde Streiks gegeben, einige erfolgreich wie beim Automobilzulieferer Pierburg in Neuss. Am 24. August 1973 begannen die etwa 12.000 überwiegend türkeistämmigen Arbeiter ihren Ausstand. Anlass war die Kündigung mehrerer hundert Kollegen, die nicht rechtzeitig aus dem Urlaub in der Türkei an ihren Arbeitsplatz zurück gekommen waren. In den Jahren zuvor war das immer tolleriert worden, da sich die Rückreise mit dem Auto äußerst schwierig gestaltete. Die Werksleitung nutzte das verspätete Eintreffen als Vorwand für Kündigungen, die Ölkrise warf ihre Schatten voraus.

Der Streik beginnt spontan. Fast das gesamte Werk wird besetzt.

 

 

Die dann gewählte Streikleitung formuliert Forderungen: Wiedereinstellung der entlassenen Kollegen, Verlängerung des Urlaubsanspruchs auf sechs Wochen, eine D-Mark mehr pro Stunde, höhere Gehälter für Lehrlinge, die Bezahlung von Streikschichten und keine Strafverfolgung.

Die migrantischen Arbeitnehmer gehen ein großes Risiko ein, sie setzen ihren Arbeitsplatz aufs Spiel und damit auch ihre Aufenthaltsgenehmigungen. Die IG-Metall unterstützt den Streik nicht und ruft sogar zu Gegenprotesten auf.

Medial werden gegen die Streikenden schwere Geschütze aufgefahren: „Türken-Terror“ schreibt etwa die Bild. Der Streik wird nach sechs Tagen gewaltsam durch die Polizei, das Management und den Betriebsrat beendet. Viele werden entlassen, einige abgeschoben, etliche wollen nicht mehr bei Ford arbeiten. Eins hat der Streik aber bewirkt, die Arbeiter sind selbstbewusster geworden und viele Arbeitgeber mussten sich danach fragen, wie sie ihre Arbeiter behandeln.

2023 jährt sich der „Wilde Streik“ bei Ford zum 50. mal.

 

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